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Ein NGHM Navigator | Christoph Rass, Universität Osnabrück
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Als Displaced Persons (DPs) galten in der unmittelbaren Nachkriegszeit Zivilpersonen, die infolge von Krieg, Deportation oder Verschleppung nicht mehr in ihrem Herkunftsland waren. Am Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich etwa elf Millionen „Displaced Persons" in Europa, davon rund acht Millionen im besetzten Deutschland. Diese Gruppe umfasste befreite Konzentrationslagerinsassen, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene – Menschen, die durch NS-Verfolgung und Deportation aus ihren Heimatländern verschleppt worden waren.
Die Alliierten und die im November 1943 gegründete United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) organisierten die Versorgung und Repatriierung dieser Personen. Bis Ende 1945 wurden etwa sechs Millionen DPs schnell in ihre Herkunftsländer zurückgebracht. Eine Million Menschen jedoch, die sogenannte „last million", weigerte sich, in ihre Heimat zurückzukehren – aus Angst vor sowjetischer Repression, kommunistischen Regimen oder aufgrund anhaltenden Antisemitismus in Osteuropa. Von 1945 bis 1952 lebten über 250.000 jüdische DPs in Lagern in Deutschland, Österreich und Italien.
In den westlichen Besatzungszonen wurden über 1.800 DP-Lager eingerichtet, meist in bestehenden Gebäudekomplexen: Kasernen, ehemaligen Konzentrationslagern, Lagern für Zwangsarbeit oder requirierten Wohnanlagen. Ab Oktober 1945 übernahm UNRRA die Verwaltung der DP-Lager von den Militärbehörden. Im Juni 1947 folgte die International Refugee Organization (IRO), die bis zur Einstellung ihrer Arbeit am 1. Januar 1952 über eine Million DPs in Drittländer umsiedelte – vor allem in die USA, nach Israel, Australien und Kanada. Für viele DPs war Deutschland nur eine Durchgangsstation auf dem Weg in diese Aufnahmeländer. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch etwa 177.000 DPs in Deutschland, die nun als „heimatlose Ausländer" kategorisiert wurden.
Die DP-Geschichte markiert eine zentrale Phase der europäischen Migrationsgeschichte und bildete einen wichtigen Kontext für die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Die Gedenklandschaft zu diesem Kapitel der Nachkriegsgeschichte ist bis heute lückenhaft und steht in keinem Verhältnis zur Zahl der Lager und zur Bedeutung der DPs für die Nachkriegsgesellschaft. Während einige Orte – etwa Föhrenwald/Waldram oder Bergen-Belsen – intensiv erinnern, bleiben viele ehemalige DP-Lager im öffentlichen Raum unsichtbar.
Dieser Navigator bietet einen Einstieg in jene Orte in Deutschland, an denen heute explizit an Displaced Persons erinnert wird – in Form von Gedenkstätten, Ausstellungen, Friedhöfen und lokalen Initiativen. Er versteht sich als offenes Werkzeug, das laufend erweitert und kritisch diskutiert werden kann.
Literatur
Huhn, Sebastian/Rass, Christoph: Displaced person(s): the production of a powerful political category, in: Ethnic and Racial Studies 48 (2025), Issue 4: Special Issue: Contested Categories in the Context of International Migration, S. 718-739.